BUND Naturschutz-Podiumsdiskussion zur Landtagswahl

Geglücktes Experiment

Zum ersten Mal hatte sich die Kreisgruppe Rosenheim des BUND Naturschutz (BN) dazu entschlossen, eine Podiumsdiskussion zur Landtagswahl mit Direktkandidaten der im Landtag vertretenen Parteien aus Stadt und Landkreis Rosenheim durchzuführen. Viele Zuhörer waren sich einig: Das Experiment ist geglückt!

Anton Kreitmair, MdL aus Dachau und oberbayerischer BBV-Präsident, vertrat die verhinderten lokalen CSU-Kandidaten. Für die SPD war Alexandra Burgmaier (Stimmkreis Rosenheim-West) gekommen, für die Freien Wähler Mary Fischer und für B90/Grüne Leonhard Hinterholzer (beide Rosenheim-Ost).

Trotz der Konkurrenz durch das Fernsehduell Söder/Hartmann war der Mailkeller-Saal fast voll – ein Beweis für das Interesse des Publikums, darunter die Bezirksräte Elisabeth Jordan und Sepp Hofer, mehrere Kreisräte, BBV-Kreisobmann Josef Bodmaier und weitere Landtagskandidaten von Parteien, die nicht auf dem Podium waren.

Moderator Florian Schrei vom Bayerischen Rundfunk führte mit großer Routine und straffem Zeitmanagement durch das Programm.

BN-Kreisvorsitzender Peter Kasperczyk fühlte den Parteivertretern zunächst mit Fragen zu fünf Themenblöcken aus Natur und Umwelt auf den Zahn.

Zum Themenbereich Landwirtschaft und Artenschwund gab es durchaus unterschiedliche Meinungen der Kandidaten. Während Kreitmair Pestizide „Mittel zum Schutz der Pflanzen und der Bevölkerung“ nannte und mit der jetzigen Agrarförderung offenbar zufrieden war, forderte Hinterholzer strenge Grenzwerte und weniger Pestizide zum Schutz von Bienen und Insekten. Burgmaier wollte „öffentliche Gelder nur für öffentlich wichtige Leistungen“.

Kritisch äußerten sich die Kandidaten beim Thema Verkehr zum geplanten Ausbau der A8: von Burgmaier und Hinterholzer wurde ein 4+2-spuriger Ausbau für ausreichend erachtet und Fischer forderte dazu einen Feldversuch mit Geschwindigkeitsbeschränkung. Auch zum Brenner-Nordzulauf gab es Kritik, untermauert durch die neue Vieregg-Rössler-Studie. Burgmaier lehnte insbesondere eine Hochgeschwindigkeitsstrecke ab, Hinterholzer jedwede neue Trasse. Zur Verkehrsverlagerung wurde eine Alpentransitbörse (Hinterholzer) und eine Verteuerung des LKW-Verkehrs (Fischer) gefordert. Kreitmair meinte, dass bei beiden Großprojekten der Bedarf über das „ob“ entscheiden müsse und die örtlichen Kommunalpolitiker über das „wie“.

Ein großes Anliegen für den BUND Naturschutz ist die Verringerung des Flächenverbrauchs. Hierzu meinte Kreitmair, dass die kommunale Planungshoheit nicht angetastet werden dürfe und dass große Gewerbegebiete an die Autobahn gehörten. Auch Fischer setzte sich für die Planungshoheit der Kommunen ein, sowie für interkommunale Zusammenarbeit und ein Leerstandsmanagement. Burgmaier und Hinterholzer forderten eine gesetzliche Begrenzung des Flächenverbrauchs, Burgmaier zusätzlich Priorität für sozial notwendige Projekte.

Beim Themenbereich Klimawandel wurde hauptsächlich die Förderung erneuerbarer Energien angesprochen. Die 10H-Regelung bei Windrädern wurde von allen, auch Kreitmair, kritisiert. Burgmaier und Fischer forderten die Renaturierung und den Schutz von Flüssen und Mooren; Kreitmair sprach sich für neue Überschwemmungsgebiete, aber mit landwirtschaftlicher Produktion, aus.

Beim Themenbereich Naturschutz befürworteten Burgmaier und Hinterholzer einen 3. Nationalpark; für Fischer müsste erst die Bevölkerung vor Ort dafür sein. Kreitmair war grundsätzlich dagegen und hielt viele Bausteine vor Ort für besser. Auf Freiwilligkeit setzte er bei Gewässerrandstreifen, die für die anderen Kandidaten verbindlich sein sollten. Auch beim Alpenplan sprach er sich als einziger für die jetzige Änderung aus.

Im zweiten Teil des Abends hatte das Publikum Gelegenheit, Fragen zu stellen.

Gleich in der ersten Wortmeldung ging es um die wachsende Bevölkerung und den Umgang damit. Auch hier verwies Kreitmair auf die kommunale Planungshoheit; so habe Ismaning ein Wachstum unter 1% beschlossen. Burgmaier und Fischer sahen Chancen für weniger besiedelte Gebiete durch Schaffung von Arbeitsplätzen, Burgmaier auch durch digitale Arbeit. Eine Steuerung im Sinne der ortsansässigen Bevölkerung hielt Hinterholzer für gut.

Eine Frage aus der Landwirtschaft drehte sich um Exporterstattungen für Überproduktion, was auch das Thema Freihandel ins Spiel brachte. Einig waren sich die Kandidaten darin, dass die Landwirtschaft in Afrika gestärkt werden solle. Darüber hinaus forderte Hinterholzer weniger Soja-Importe, weniger Überschüsse, weniger Fleischkonsum. Wie Burgmaier und Fischer war er für fairen Handel.

Weiter ging es um Bodenspekulation und ob das Schweizer Prinzip „Bauernland in Bauernhand“ eine Lösung wäre. Alle Kandidaten waren sich des Problems der Bodenspekulation bewusst. Dabei kritisierte Kreitmair die Haltung des Bayerischen Gemeindetags, Burgmaier sprach sich gegen die Behandlung von Grund wie Aktien aus und Fischer gegen Enteignung für Bauland. Hinterholzer sagte zu, das Schweizer Modell zu prüfen.

Auch die Frage nach dem Umgang mit dem Wolf kam zur Sprache. Während Kreitmair und Fischer den Wolf in Bayern nicht wollen, hielt Burgmaier den Umgang mit dem Wolf für schwierig. Hinterholzer bemängelte, dass die Vorschläge für Beratung, Präventivmaßnahmen und Entschädigung von der Staatsregierung nicht umgesetzt würden. Schließlich meinte der BN-Kreisvorsitzende Kasperczyk, dass man nicht alle Wolf-Probleme mit dem Gewehr lösen könne.

Viele Beiträge aus dem Publikum betrafen Verkehrsthemen; es gab weitere Kritik am Brenner-Nordzulauf, Forderungen zum Ausbau des (Personen-)Bahnverkehrs sowie zum Lärmschutz an der A8.

Im Sinne der Biodiversität kamen Wünsche zur KULAP-Förderung auch für kleinere Nebenerwerbsbetriebe und zum richtigen Mähen durch die Kommunen.

Außerdem wurden die Kandidaten gebeten, eine gemeinsame Plakataktion des Eine-Welt-Netzwerks Bayern und des BN-Landesverbandes für eine ökologisch und sozial ausgerichtete Landwirtschaft zu unterstützen.

Abschließend bedankte sich Peter Kasperczyk bei allen Anwesenden und sprach die Hoffnung aus, dass der Abend etwas mehr Klarheit gebracht habe.

 

Ausführlicher Bericht, auch mit Antworten weiterer Parteien:
https://rosenheim.bund-naturschutz.de/aktuelles/artikel/gegluecktes-experiment-bn-podiumsdiskussion-zur-landtagswahl.html